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Am Staatstheater Nürnberg wird derzeit eine Inszenierung von Verdis Macbeth in einer Wiederaufnahme von Graz aus dem Jahr 2023 gezeigt. Die ukrainische Regisseurin Kateryna Sokolova lässt den Damen-Hexen-Chor bisweilen etwas selbstironisch den Besen schwingen und auf selbigem Reiten, was zumindest im dritten Akt für etwas Heiterkeit sorgt. Zeitweise blendet sie auch das Publikum mit gleißendem, hellem Licht und Stroboskop-Effekten. Man darf eine Mixtur aus zwei Fassungen Verdis erleben. Ob die Ballette aus der Pariser-Fassung, die 20 Jahre später entstand, jetzt wirklich einen Mehrwert bieten, wenn dazu ein Tänzer zuckende Bewegungen macht, oder Aktionen ganz entfallen sei dahingestellt. Es mag vielleicht eindringlicher sein, den Schlussmonolog aus der Florentiner Fassung zu nehmen. Mir fehlt da aber der imposante Schlusschor der Pariser Fassung „Vittoria!“, der für mich im Macbeth eigentlich immer der Höhepunkt ist. Roland Böer trat am Tag der Aufführung etwas auf die Bremse, was sicher seinem Gesundheitszustand an dem Abend zuzuschreiben war.

Die Hexen treten schon zu Beginn mit blauen, einheitlichen Militärmänteln auf. Sie haben Masken auf und symbolisieren in dem Stück quasi neben Lady Macbeth und Macbeth die dritte Hauptperson. Banquo und Macbeth, zwei Generäle, bekommen zwei Weissagungen. Macbeth soll König werden und Banquo der Vater von Königen. Macbeth scheint nach dem Dialog mit den Hexen in einen leeren Spiegelrahmen zu blicken, in dem sich synchron ein Tänzer (Sebastian Eilers) bewegt. Dieser Tänzer ist nicht immer präsent, stellt aber ein Alter Ego von Macbeth da. Von dem Holzrahmen abgesehen kommt der erste Akt weitgehend ohne Bühnenbild aus, bis eine Art Zimmer hereingefahren wird, in dem Lady Macbeth kauert. Für die Lady Macbeth ist Emily Newton eine ideale Besetzung, da man hier eine teils schrillen, unsympathischen Ausdruck haben muss. Ist es doch Lady Macbeth, die ihren zaudernden Mann zu immer neuen Morden für die Krone antreibt und damit der dunkle Engel in dieser Oper ist.  Der Raum der Lady teilt sich und bringt eine Treppe mit zwei Türen zum Vorschein. Dahinter soll der erste Mord passieren an König Duncan. Der König übernachtet bei Macbeth und der Mord wird mit fallenden, roten Rosenblättern angedeutet. Doch die zweite Weissagung, dass der Sohn von Banquo König wird, lässt Macbeth weitere Morde planen. Duncans Sohn in Pink mit großer Krone entkommt nur so halb. Der Sohn von Banquo tritt auf, ebenfalls wie Banquo in rot gekleidet. Es kommen Schirmmörder dazu in braun und rot, die im Schutz dunkler Regenschirme für Macbeth den nächsten Mord begehen, nämlich an Banquo. Vergeblich versuchen die Mörder auch Banquos Sohn mit Lutschern zu locken. Dieser entkommt jedoch. Vor dem letzten Bild im zweiten Akt gibt es nochmals einen Vorhang und man landet im Prunksaal von Macbeth. An der Decke hängt ein Kronleuchter und Macbeth beklagt heuchlerisch das Fehlen von Banquo. Als er sich auf dessen Platz begibt, erscheint er Macbeth. Sein Tanzdouble hat jetzt verkehrt herum Banquos Jacke an. Macbeth ist außer sich.

Im dritten Akt erleben wir wieder das Double tanzend in einem Blätterkreis. Diesen haben scheinbar die Hexen mit nun goldenem Kopfschmuck gelegt. Mit eine Video-Kreidemalerei sagen sie voraus, dass er sich von Macduff fernhalten soll und dass der Wald von Birnam gegen ihn vorrücken wird. Er würde von jemand besiegt werden, den keine Frau geboren hat. Das Double versucht die Bilder von Banquo der Weissagungen wegzuwischen. Macbeth fühlt sich nach dieser kryptischen Weissagung aber sicher. Die Hexen fegen zuerst Blätter und reiten nach der Weissagung auf Besen von der Bühne. Das ist bisweilen komisch. Lady Macbeth versucht nun Macbeth zu weiteren Morden an Macduff und dessen Familie zu überreden. Malcolm Truppen tarnen sich mit dunklen Mänteln (und Ästen) im Wald und rücken zum Angriff auf Macbeth vor. In der folgenden Szene sieht man ein langes Nachtgewand von Lady Macbeth. Lady Macbeth ist von Sinnen und gesteht die Taten, während es von Oben leichte Schneeflocken schneit. Diese Szene setzt den verrückten Geisteszustand der Lady Macbeth sehr gut in Szene. Gänzlich hinter dem Schleier entrückt verschwindet sie, sie scheint sich in Luft aufgelöst zu haben, denn unter dem Schleier ist nichts mehr. Macbeth wird jetzt nach der Ankündigung, dass der Wald gegen ihn vorrücke, ebenfalls fassungslos, während ihn der Tod seiner Frau nicht berührt. Auf einem leeren Podium kommt es zur Schlussszene zwischen Macduff, der durch einen Schnitt geboren wurde und Macbeth. In einem großen Schlussmonolog von Macbeth endet die Oper.

Der effektvolle Einsatz der teilbaren Bühnenelemente lässt einen fast vergessen, wie alt die Bühnentechnik im Opernhaus doch ist. Die anfänglichen Befürchtungen, man spiele ohne Requisiten, wird in den zweiten und folgenden Akten widerlegt. Der Macbeth beweist, dass es nicht immer ein Liebesdrama in Verdi-Opern braucht. Lord und Lady Macbeth sind eher ein mittelalterliches Serienkiller-Duo in Bonny und Clyde-Manier. Macbeth ist ein gutes Personendrama um die Hauptfigur. Es gibt durchaus schöne Ballettmusik, die ich gerne mit einer entsprechenden Aktion auf der Bühne gesehen hätte. Mit nur einem Tänzer ist mir das etwas dürftig. Ebenso fehlte mir, wie eingangs schon erwähnt der Schlusschor aus der Pariser Fassung. Manchmal ist der Text des Chores zu vermeintlich eingängiger Musik erschreckend, dennoch hat mich die Inszenierung letztlich überzeugt.  

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