Pique Dame am Originalschauplatz
Bei einem Besuch in St. Petersburg war ich auch im 2013 eröffneten Mariinsky 2-Theater. Der Bau selbst gilt als einer der teuersten Opernhäuser mit 534 Mio EUR Baukosten. Das Ergebnis kann sich sehen und vor allem hören lassen. Mit 3800 Gästen ist es eines der größten Opernhäuser der Welt. Sehen durften wir eine Piqué Dame von Peter Tschaikowsky. Wer vorher die Geschichte von Rasputin in St. Petersburg gehört hat, versteht das Drama über die drei Karten und den Aberglauben darin deutlich besser. Hermann der Protagonist ist leidenschaftlicher Spieler und opfert am Ende seine Liebe zu Lisa dem Geheimnis der drei Karten. Im Gegenzug wurde in einer düsteren Prophezeiung der Großmutter und Hauptfigur, die wegen ihrer Leidenschaft zum Faro, Piqué Dame genannt wird, das Ende durch einen Eindringling vorausgesagt.
Zu Beginn sieht man, wie ein Jugendlicher im Kostüm ein Kartenhaus aufbaut. Während der Ouvertüre schon taucht die Großmutter von Lisa auf, meist mit schwarzen Kostümen oder Bändern. Es folgt ein Massenszene an einem Sommertag auf einer Promenade in St. Petersburg. Es ist ein großes Aufgebot an Chor und Kinderchor in klassischen Kostümen und sehr schön anzusehen. Hermann hat sich in eine schöne Unbekannte verliebt. Zwei Offiziere unterhalten sich über die Großmutter von Lisa, die sich durch Hingabe an einen Grafen das Geheimnis des Kartenspiels erkauft hat. Der Verrat des Geheimnisses würde ihren Tod bedeuten. In einer Gewitterszene werden nun die weißen Statuen auf der Bühne lebendig. Hermann will das Geheimnis erfahren. Im Palast der Gräfin ist es Abend geworden. Eine Schar Freundinnen tanzt ausgelassen nach russischer Manier und wird von der Gouvernante zur Ordnung gerufen. Lisa ist am Tag ihrer Verlobung mit dem Grafen aber bedrückt, denn sie ist ebenfalls in Hermann verliebt. Dieser erscheint nun tatsächlich und gesteht Lisa seine Liebe. Lisa gelingt es gerade noch, ihn vor der Großmutter zu verstecken, die auftaucht und Lisa zurecht weißt, da sie immer noch nicht schläft. Selbst in der Nacht hat die Gräfin dabei hochfrisiertes Haar.
Im zweiten Akt erlebt man ein großes Maskenfest. Wieder stehen an der Seite goldene Figuren, die nach kurzer Zeit einen etwas hölzernen Tanz aufführen. An dem Ball wird ein Schäferspiel aufgeführt, ganz im Stile von Mozart. Dieses Spiel von Chloe und Daphnis nimmt eigentlich die Ereignisse des Stücks vorne weg. Chloe zieht Daphnis dem reichen Plutus vor. Wieder war ich fasziniert, wie perfekt Tschaikowski hier Mozart imitiert. Die Piqué Dame verfolgt das Treiben des Stücks. Es folgt eine bombastische Musik zum Auftritt von Katharina der Großen. Die Kaiserin selbst sieht man nicht, sie bleibt unsichtbar. Nachdem sich das Volk verzogen hat, bilden die Säulen eine Flucht. Lisa gibt Hermann den Schlüssel zur Geheimtür der Gräfin. Die Gräfin tritt auf in einem weißen Nachhemd, gefolgt von ihrer Dienerschaft. Sie beschwert sich über die Moral und die Tänze. Vor einem flackernden LED-Kamin sitzt sie in einem roten Stuhl. Sie singt dort die große Arie der Piqué Dame. Es tritt Hermann an sie heran und bittet sie um das Geheimnis der Karten preiszugeben. Als die Gräfin lacht und wie ein Derwisch tanzt, zieht Hermann die Pistole. Vor lauter Schreck bekommt die Gräfin einen Herzinfarkt. Lisa eilt hinzu und Hermann sagt ihr, dass die Gräfin gestorben ist, ohne ihr Geheimnis preiszugeben.
Im dritten Akt sinniert Hermann über die Ereignisse auf einem Gitterbett. In einer Alptraum-Sequenz entsteigt nun die Gräfin dem Bett und gibt um Lisa Willen die Geheimnisse der drei Karten preis. Er solle Lisa damit glücklich machen. Um 0 Uhr wartet Lisa an einem Seitenarm der Newa auf einer Brücke auf Hermann. Sie zweifelt an der Unschuld an dem Tod ihrer Großmutter. Als Hermann selbst nur noch von dem Geheimnis redet, dass er jetzt weiß, ist sich Lisa sicher, dass er schuld am Tode ihrer Großmutter ist. Beim Schlussduet der beiden hat Tschaikowski auch etwas Anleihen aus Tristan und Isolde genommen. Lisa ist verzweifelt und geht in die Newa. Es folgt die Schlussszene. Auf einer grünen Rampe werden die Spieler hereingefahren. Mit vielen Geldscheinen werden nun die Karten ausgespielt. Die folgen in der Reihenfolge, wie vorhergesagt. Zum Schluss spielt nur noch der Graf mit. Bei der letzten Karte irrt Hermann jedoch. Es erscheint die Piqué Dame und Hermann verliert alles und ersticht sich. Hierbei stürzt er sich ins Kartenhaus vom Anfang des Stücks. Der Jugendliche vom Anfang kommt vorbei und schließt Hermann die Augen.
Wenngleich ich jetzt nicht vollends begeistert war, hat man hier doch ein schönes Bühnenbild, gute Sänger und ein tolles Gesamtpaket geboten. Die Inszenierung hat relativ wenig Requisiten und die Sänger spielen in Kostümen der Zeit des 19. Jhd. Das Mariinsky ist auf jedenfalls an sich schon einen Besuch wert. Mit den Swarovski-Kristallen, der gläsernen Treppe, der guten Akustik, erlebt man hier eines der Top-Häuser der Opernwelt. Mit ihren angedeuteten Säulen und den ablenkbaren Bordüren, hat man ein schlichtes, aber passendes Bühnenbild geboten. Inzwischen hat man auch englische Obertitel eingeführt, sodass man der Handlung problemlos folgen kann. Bei einem Besuch in St. Petersburg sollte man in jedem Fall das Opernhaus besuchen.
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