Julius Cäsar - Der Paketdienst liefert auch in den Container
Das Theater Freiburg hat Händels Giulio Cesare ans Stadttheater in Fürth gebracht. In einer Inszenierung von Florentine Klepper darf man sich ins Jahr 48 v. Chr. führen lassen und die turbulente Zeit von Cäsar in Ägypten erleben. Erst einmal zu positiven Aspekten: Man hat die männlichen Hauptrollen des Julius Cäsar und des Ptolemäus mit Alti besetzt, auch Sextus ist mit Sharon Carty gut besetzt. Dafür muss man aber bei der Inszenierung etwas leiden. Die handelnden Personen werden in eine Art Verhörraum aus den 70er Jahren eingepfercht. Im Hintergrund ist ein großer Spiegel, bei dem eine Gruppe von fünf Überwachern das Geschehen begutachten. Links und rechts am Bühnenrand sind zwei Überwachungskameras. Die Wände sind mit Türen versehen, durch die die Akteure immer einen Fluchtversuch starten.
Julius Cäsar sabotiert schon gleich zu Beginn die Überwachungskamera rechts. Der Eröffnungschor davor kommt leider aus der Konserve und scheppert ziemlich in den Boxen. Als nächste kommt Cornelia mit ihrem Sohn Sextus auf die Bühne. Der Kopf ihres Mannes ist ebenfalls auf der Bühne. Ptolemäus, der Bruder Cleopatras hat den Gegner Cäsars umbringen lassen, um Cäsar milde zu stimmen. Statt nun mit dem Tode des Widersachers zufrieden zu sein, ist Cäsar außer sich und spricht von einer schändlichen Tat. Cornelia wird beim Anblick des Kopfes ihres Mannes ohnmächtig. Dies passiert nicht immer, aber immer öfter in der Inszenierung. Ihr Sohn schwört Rache und eine der Seitenschübe öffnet sich und gibt einen Passbildautomaten frei. Der Sohn wird überhäuft von Bildern aus dem Automaten, als er beschließt, seinen Vater zu rächen. Nun kommt aber auch der eigentliche Böse auf die Bühne: Ptolemäus, der Bruder Cleopatras. In seinem blauen Batikanzug mit roten Socken und rotem Schlips krönt sein Haupt eine Afrofrisur. Als Erstes muss er nun einen Friedensvertrag mit Cäsar unterschreiben. Insgesamt ist er aber eher ein König Kallewirsch auf Speed, dem man jede Gemeinheit zutraut, auch die Ermordung Pompeos. Mit seinem durchdringenden Alt hat er die Gunst des Publikums schnell gewonnen. Um die etwas sterile Szenerie aufzumischen, werden von rechts in einer Luke immer wieder Paket angeliefert. Amazon scheint auch in den Container zu liefern, und zwar Blumen für Achillas, mit der er Cornelia den Hof macht oder auch die Asche des Pompeo, die seine Gattin über die Bühne verstreut, wenn es ihr Wachheitszustand gerade zulässt. Manchmal verbringt sie aber auch die Zeit in einem dieser Seitenschübe an einem Telefon, auf der Flucht vor Achillas. Der wirbt um die Frau des Pompeo. Über der Asche des Pompeo grübelt Cäsar über die Vergänglichkeit des Lebens. An der Urne holt er sich dabei blutige Hände. Cleopatra stellt sich dagegen als Lydia dem siegreichen Cäsar vor. In einem roten Kleid und eben einer solchen Afrofrisur wie ihr Bruder umgarnt sie Cäsar. Als sie beobachtet, wie Sextus sich an Ptolemäus rächen will, unterstützt sie ihn bei der Tat. Nach dem zweiten Akt ist Pause und Zeit für ein paar Zuschauer durch Buhrufe, ihr Missfallen kundzutun.
Nach der Pause im dritten Akt wird es noch mal richtig schwierig. Zur Eröffnung sieht man eine lange Szene im Dunkeln, bei denen die Darsteller mit Taschenlampen leuchten. Einem Zuschauer wird das zu viel und er klatscht. Gefühlt dauert dieser Anfang ewig, da man außer den Taschenlampen nichts sieht und auch keine Musik hört. Auf der Bühne herrscht ein ziemliches Durcheinander. Dass es sich hierbei um ein Waldstück in der Nähe von Alexandria handeln soll, erkennt man vielleicht an der Monstera deliciosa, die sich über den Beobachtungsspiegel rankt. Es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen Cäsar und Ptolemäus, bei dem Ptolemäus dem unterlegenen Cäsar ins Bein beißt. Blutend flüchtet der sich auf eine herausgefahrene Toilette. Seine Schwester fesselt Ptolemäus mit einem orangem Stromkabel. Auf einem Overheadprojektor schreibt Cäsar das Wort Krieg, das Ptolemäus zum Sieg ausbessert. Achillas wurde bei dem Kampf tödlich verwundet, unschwer an dem riesigen Blutfleck zu erkennen. Als Cäsar später in der Kabine mit dem WC von leisen Winden singt, hat er ein paar unfreiwillige Lacher auf seiner Seite. Nun hat Ptolemäus kurzzeitig Oberwasser und läuft mit grünen High Heels über die Bühne, aber es soll nicht mehr lange dauern, bis er unter einem Tisch liegend von Sextus ermordet wird. Während nun fünf Männer mit Krokodilmasken (Sobek?) den Pharao raus begleiten, kommen wieder andere in weißen Anzügen und reinigen den Tatort. Während noch einmal der Schlusschor aus den Boxen scheppert, kommen die Überwacher hinter der halbdurchsichtigen Glasscheibe hervor und machen ein Selfie mit einem roten Handy von Cäsar. Man hat es überstanden.
Hätte ich mich nicht so gut auf diese Oper vorbereitet, wäre es schwer gewesen, den etwas ausgefallenen Regieeinfällen zu folgen. Selbst ich war versucht, immer wieder einmal die Augen zuzumachen, um mich besser auf die Musik konzentrieren zu können. Die beiden Alti besonders Ptolemäus hatten mir es an diesem Abend angetan. Das Orchester ging sehr robust an das Werk heran, etwas mehr Nuancierungen hätte ich mir hier vielleicht gewünscht. Dennoch kam die Brillanz des Werkes zum Vorschein. Allerdings sind für meine Ohren 3 ½ Stunden Händel eine Herausforderung. Bei anderen Komponisten sind solche Längen kein Problem. Ich fand den Beifall für die Musiker gerechtfertigt, die Buhrufe für die Regie aber auch. Das Konzept in einer Art Überwachungsraum auf die Zeit und die Figuren von damals zurückzuschauen, erschloss sich mir zumindest nicht.
Quelle: YouTube | Theater Freiburg
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